Geschichte und Anwendungen
Die physikalisch basierte Bildsynthese („Rendering“) war die vielleicht erste Anwendung von HDR-Bildern. Die von Greg Ward ab 1985 entwickelte Rendering-Software Radiance verwendete intern Gleitkommazahlen zur Speicherung von Helligkeitswerten. Um die gerenderten Bilder speichern zu können, ohne dass Helligkeitsinformationen verloren gingen, entwickelte Ward das Radiance-HDR-Format. Auch Paul Debevec befasste sich mit HDR-Techniken, als er zur Simulation von Bewegungsunschärfe bei einer Computeranimation bewegte Glanzlichter mit hohem Dynamikumfang abspeicherte. Bereits 1968 hatten Oppenheim et al. in einem anderen Zusammenhang den ersten Tone-Mapping-Operator veröffentlicht; die dort vorgestellten Prinzipien wurden von einigen neueren Operatoren wiederentdeckt.
Die Anwendungen von High Dynamic Range Imaging umfassen folgende Bereiche:
- Bildsynthese. Bei physikalisch basierten Renderern müssen Helligkeitswerte mit einem hohen Dynamikumfang repräsentiert werden, um die Wechselwirkung von Licht und Materialien innerhalb einer kontrastreichen 3D-Szene korrekt zu berechnen. Bei Anwendungen wie der Architektursimulation müssen außerdem absolute radiometrische Werte berechnet werden, um Beleuchtungsverhältnisse korrekt einzuschätzen. Weiterhin ist es möglich, 3D-Szenen von HDR-Bildern beleuchten zu lassen (Image-based Lighting). Neuere Grafikkarten beherrschen rudimentäres HDRI in Echtzeit, was vor allem für Computerspiele interessant ist.
- Digitalfotografie. In der Digitalfotografie vermeiden HDR-Aufnahmen Über- und Unterbelichtungen und erlauben einen unproblematischen softwarebasierten Weißabgleich. Hersteller haben den Dynamikumfang ihrer Bildsensoren zwar im Laufe der Zeit erhöht, der Dynamikumfang von HDR-Bildern wird jedoch bisher nur von wenigen Spezialkameras erreicht. Um HDR-Bilder mit herkömmlichen Kameras zu erzeugen, ist zusätzlicher Arbeitsaufwand erforderlich.
- Bildbearbeitung. Neuere Versionen einiger Bildbearbeitungsprogramme können HDR-Bilder direkt bearbeiten. Dies erlaubt es, Helligkeits-, Kontrast- und Farbänderungen vorzunehmen, ohne dass es zu Verlusten in Form von gesättigten Pixelwerten kommt. Effekte und Filter wie etwa Weichzeichner wirken ausgehend von HDR-Bildern realistischer, insbesondere bei Glanzlichtern.
- Digitales Kino und Video. Die Projektion von digitalen Kinofilmen mit mittelgroßem Dynamikumfang ist absehbar; Produktion und Bearbeitung derartiger Filme wird jedoch in einem HDR-Format erfolgen. MPEG-4-kompatible Kodierungen für HDR-Videodaten wurden bereits vorgeschlagen.
- Virtuelle Realität. Herkömmliche Panoramabilder und virtuelle Umgebungen, die über das World Wide Web geladen und interaktiv erkundet werden, leiden besonders unter Über- und Unterbelichtungen. Wenn Panoramas als HDR-Bilder vorliegen, können die zu einem bestimmten Zeitpunkt sichtbaren Bildausschnitte individuell dynamikkomprimiert werden, was eine natürlichere Bildwirkung erzeugt.
- Überwachungssysteme und maschinelles Sehen. Die Fähigkeit, gleichzeitig innerhalb und außerhalb von Gebäuden Bilddetails wiederzugeben, ist besonders bei Überwachungskameras sinnvoll. Auch beim maschinellen Sehen ist die Robustheit von HDR-Kameras gegenüber extremen Lichtverhältnissen von Vorteil.
- Medizin. In der Endoskopie besteht ein Bedarf an möglichst kleinen Bildsensoren, die auch bei geringer Helligkeit hochwertige Bilder liefern. So etwa liefert ein Prototyp eines im Rahmen des europäischen IVP-Projekts entwickelten Sensors bei kleinsten Abmessungen einen Dynamikumfang von über 100 dB. Für die Augenheilkunde werden künstliche Retinae entwickelt, die bei sehbehinderten Menschen die Sehzellen der Netzhaut stimulieren und ebenfalls einen hohen Dynamikbereich aufweisen.
- Architektur und Lichtdesign. Selbst ohne fotometrische Kalibrierung bieten HDRIs ein ausreichend präzises Abbild der Lichtverteilung in einer Szene. Indem maßstabsgerechte Architekturmodelle fotografiert werden, können so quantitative Aussagen über die Helligkeitsbedingungen in einem geplanten Gebäude gemacht werden.